In diesem Beitrag beschreibe ich eine der Ursachen für Missverständnisse im täglichen Miteinander – die unterschiedlichen Botschaften die „zwischen den Zeilen“ gesagt / gehört werden. Mit Beispielen und einer Anregung für eine Übung im Team.
Wenn Ihnen der Beitrag gefällt freue ich mich wenn Sie ihn liken, kommentieren oder in Ihrem Netzwerk teilen. Falls wir noch nicht vernetzt sind schicken Sie mir gerne eine Kontaktanfrage.
Kommunikationsmodelle für die Praxis, hier:
Die vier Seiten einer Nachricht
(nach Friedemann Schulz von Thun)
Ob wir beim Bäcker Brot einkaufen, über Computersysteme referieren oder ein Tennismatch diskutieren: In jede unserer Nachrichten packen wir neben der Sach-Botschaft noch Ich-Botschaften und Du-Botschaften sowie Appelle – mehr oder weniger deutlich, und teilweise auch ohne uns dessen bewusst zu sein.
Auf den gleichen vier Ebenen empfangen wir auch: Bei jeder Nachricht, die wir hören, achten wir bewusst oder unbewusst auf die gleichen vier Botschaften. Wir sprechen also nicht nur mit vier „Mündern“, wir hören auch auf vier „Ohren“.
Kurz zusammengefasst sagen / hören wir folgende Botschaften:
Die vier „Münder“ Die vier „Ohren“
Die Sach-Botschaft Die gehörte Sach-Botschaft
Die Sache selbst Was ich denke, worüber
Worüber ich informiere Du mich informierst
Die Ich-Botschaft Die gehörte Ich-Botschaft
Selbstoffenbarung Was ich meine, das Du
Was ich über mich sage über Dich verrätst
Die Du-Botschaft Die gehörte Du-Botschaft
Unsere Beziehung zueinander Wie ich empfinde, was
Was ich von Dir halte Du von mir hältst
Die Appelle Die gehörten Appelle
Meine Anforderungen Was ich denke, das Du
Was ich von Dir will von mir willst
Crux an der Geschichte ist, dass nicht jede Botschaft in das Ohr geht, das angesprochen werden soll. Eine als Sachbotschaft intendierte Aussage, die in das Appell-Ohr geht, hat eine andere Wirkung als wenn sie das Beziehungsohr oder das Selbst-Botschafts-Ohr treffen würde.
Das Ergebnis eines „falschen Empfangs“ ist im besten Fall Irritation und im schlimmsten Fall ein Missverständnis das in einem Konflikt mündet.
Ein etwas plakatives Beispiel aus der Literatur:
Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Auto. Die Frau fährt das Auto. Dieses kommt vor einer Ampel zum Stehen. Nach einer unbestimmten Wartezeit schaltet die Ampel auf grün. Nun sagt der Mann zur Frau: „Es ist grün!“, woraufhin ihm die Frau antwortet: „Fahre ich oder fährst du?“.
Hier dieses Beispiel seziert und alle 4 Ohren / Münder betrachtend, was sagen die 4 Münder?
Sachebene: Die Ampel ist grün.
Selbstoffenbarung: Ich habe es sehr eilig.
Beziehung: Ich fahr aufmerksamer als Du.
Appell: Fahr los!
Welche Botschaft der Mann senden wollte ist unklar, bei der Frau scheint das Beziehungsohr reagiert zu haben.
Möglich ist allerdings, dass der Mann eher auf die Appellseite verweisen wollte und das Gewicht in der Aussage nicht auf die Beziehungsseite legte.
Aus dieser beispielhaften Situation können Konflikte entstehen. Die beiden haben sich missverstanden, der Mann wollte von der Frau, dass sie jetzt fährt, die Frau hörte die Nachricht allerdings vornehmlich mit dem Beziehungs-Ohr und fühlt sich vom Mann gedemütigt sowie herabgesetzt. Daraus entsteht letztlich der Konflikt.
Ein wichtiges Ziel, um Kommunikation zu verbessern, besteht darin, uns der vier Seiten stärker bewusst zu werden, und uns zu überlegen:
- Sind bestimmte Ohren bei uns besonders ausgeprägt / unterentwickelt?
- Verpacken wir unsere Botschaften so, dass sie genauso gehört werden, wie
sie gemeint sind?
Was können wir tun, um eindeutiger zu kommunizieren?
Hier ein weiteres Beispiel aus der Literatur:
Frau und Mann sitzen beim Essen. Der Mann hat Königsberger Klopse gekocht und in der Soße schwimmen zahlreiche Kapern, die typisch für dieses Gericht sind. Die Kaper ist klein und grün und seit Jahrhunderten als pikantes Küchengewürz verbreitet. Die Frau sieht die Kapern und fragt: „Was ist das Grüne in der Soße?“.
Auf die vier Münder übertragen meint diese Aussage:
Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Ich weiß nicht, was es ist.
Beziehung: Du wirst es wissen.
Appell: Sag mir, was es ist!
Die vier Ohren hören:
Sachebene: Da ist was Grünes.
Selbstoffenbarung: Mir schmeckt das nicht.
Beziehung: Du bist ein mieser Koch!
Appell: Lass nächstes Mal das Grüne weg!
Um Konflikte sowie Missverständnisse zu vermeiden ist es hilfreich Äußerungen sehr deutlich zu formulieren und sollte es zu einer ungewollten / irritierenden Reaktion kommen nachzufragen, was genau beim Empfänger angekommen ist.
Um die Bedeutung der 4-Ohren / 4 Münder zu verdeutlichen bietet sich eine Übung an, die gut im Team durchgeführt werden kann.
Hierzu werden auf dem hier folgenden Bogen 3 Aussagen eingetragen (Beispiel: „Der Drucker funktioniert nicht“. „Der Briefkasten ist voll“. „Mir ist kalt“ etc.)
Dann wird der Bogen an Kollegen gegeben, die überlegen sollen, wie die Aussage (wohl) lauten könnte, gehört durch das Sachohr, Beziehungsohr, Appellohr, Selbstkundgabeohr.
(Beispiel: Sachohr: „Der Drucker funktioniert nicht“. Beziehungsohr: „Du hast ihn kaputt gemacht“. Appellohr: „Repariere den Drucker“. Selbstkundgabeohr: „ich kann ihn nicht reparieren“.)
Anschließend soll eine gesprächsförderliche Antwort formuliert werden – beantwortet durch das Ohr, welches am ehesten angesprochen erscheint (Beispiel: „Kann ich den Drucker für Dich reparieren?“ – welches Ohr hat jetzt hier geantwortet?).
Im letzten Schritt der Übung wird der Arbeitsbogen wieder an die Kollegen gegeben, von denen die Aussagen stammen, mit Bitte die Antwort zu bewerten – richtig eingeschätzt / gesprächsfördernd geantwortet?

Die Übung führt oft zu Erstaunen darüber, wie eine Aussage – die doch vermeintlich eindeutig ist – interpretiert werden kann. Im Ergebnis dürfte die Kommunikation im Team verständnisvoller und so das Konfliktpotential reduziert werden.
Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie Anregungen zur Verbesserung der Kommunikation in Ihrem Team besprechen möchten.
Ich freue mich auf Ihre Nachricht.
Ihre, Ingrid Gartner-Steffen
„Im Interesse der Lesbarkeit verzichte ich größtenteils auf geschlechtsbezogene Formulierungen. Selbstverständlich sind immer Frauen und Männer und Diverse gemeint, auch wenn explizit nur ein Geschlecht angesprochen wird.“


Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.