Wichtige und anspruchsvolle Aufgabe der Personalwirtschaft: Das für die Erreichung der Unternehmensziele benötigte Personal, termingerecht, qualitativ und quantitativ zur Verfügung zu stellen.
In Zeiten von Personalknappheit keine leichte Aufgabe und wenn die Mitarbeiter an Bord sind gilt es diese zu halten um die Drehtür zwischen Neuankömmlingen und sich Verabschiedenden möglichst langsam rotieren zu lassen.
Nicht immer gelingt das und auch in den besten Unternehmen kommt es zu Kündigungen.
Für den Fall hier ein Plädoyer für Exit-Interviews – nicht nur weil man sich oft zweimal sieht …
Wozu dienen Exit-Interviews?
Der ausscheidende Mitarbeiter ist die beste Informationsquelle wenn es darum geht zu erfahren was Mitarbeiter am Unternehmen reizvoll finden und was es abzustellen gilt, um die Fluktuation gering zu halten – und um dem ausscheidenden Mitarbeiter ggf. eine für ihn weiterhin geöffnete Tür aufzuzeigen . Statistisch kehren 15 % der Arbeitnehmer nach ihrem Ausscheiden wieder zu einem früheren Arbeitgeber zurück („Boomeranging“) – ein gut geführtes Exit-Interview kann dabei helfen, dies zu ermöglichen. Ein weiterer Vorteil: Sollten ausscheidende Mitarbeiter Frustrationen und Beschwerden haben kann das Exit-Interview dazu dienen diese loszuwerden und so zu verhindern, dass der Mitarbeiter diese öffentlich äußert und so der Arbeitgebermarke schadet. Gerade diese Frustrationen und Beschwerden sind für das Unternehmen hilfreiches Feedback wenn es um die Mitarbeiterzufriedenheit und das Betriebsklima geht.
Wer sollte das Exit-Interview durchführen?
Zuerst: Das persönliche Gespräch ist einer schriftlichen Befragung vorzuziehen. Ein standardisierter Fragebogen ermöglicht Vergleichbarkeit und zeigt Tendenzen auf. Das Gespräch selbst sollte offen sein und nicht einer Abfrage gleichen. Geführt werden sollte das Gespräch von einer Vertrauensperson (Personaler?) – nützliche Informationen und ein offener Austausch kommen nur zustande, wenn das Verhältnis zwischen den Gesprächspartnern nicht vorbelastet ist. Idealerweise ist die Führungskraft mit anwesend – dies setzt voraus, dass das Verhältnis zur Führungskraft nicht ein Grund der Kündigung war.
Welche Vorteile bringt das Exit-Interview dem Unternehmen?
– Mitarbeiter fühlen sich auch nach der Kündigung noch wertgeschätzt.
– Unternehmen können Probleme im Personalmanagement und in der Personalführung erkennen
– Unternehmen können die Mitarbeiterbindung auch nach Kündigung weiter stärken und so ein wichtiges Marketing Tool nutzen: positive Mundpropaganda und Mitarbeiterempfehlungen
– Unternehmen profitieren von einem positiven Unternehmensimage
Der größte Vorteil: Es gibt keine Nachteile.
Hier einige Do’s und Dont’s , die zu einem erfolgreichen Exit-Interview beitragen:
Do’s:
- Den richtigen Zeitpunkt für das Abschlussgespräch finden. Laden Sie den Mitarbeiter nicht unmittelbar nach Abgabe der Kündigung zum Exit-Interview ein. Lassen Sie ein wenig Zeit verstreichen. Der beste Zeitpunkt ist nach Ausstellung des Arbeitszeugnisses damit jeglicher Druck aus dem Gespräch genommen wird.
- Einen sicheren Raum schaffen. Damit der Mitarbeiter auch über die nicht so gut gelaufenen Dinge offen spricht, sollten Sie eine angenehme Atmosphäre schaffen. Der Mitarbeiter muss sich wohl und sicher fühlen, um offen und ehrlich mit Ihnen sprechen zu können. Ein ungezwungener Rahmen und ein gemütlicher Ort bilden eine gute Basis.
- Ein Gespräch unter vier Augen. Ein Vier-Augen-Gespräch wird meist angenehmer empfunden, als wenn einem gleich mehrere Fragensteller gegenüber sitzen. Es schafft Vertrauen und die Möglichkeit, die wahren Kündigungsgründe des Mitarbeiters zu erfahren.
- Informationen auswerten und nutzen. Nehmen Sie die gesammelten Informationen aus dem Exit-Interview mit und machen Sie sich Gedanken dazu. Was waren die Beweggründe des Mitarbeiters, das Unternehmen zu verlassen? Und was können Sie aus dem Gespräch mitnehmen, um ähnliche Kündigungsgründe in Zukunft zu vermeiden? Werden Sie aktiv und nehmen Sie sich der Personalsituation im Unternehmen an.
- Nehmen Sie sich Zeit. Planen Sie genügend Zeit für ein offenes Feedback-Gespräch ein. Zeigen Sie Ihrem Gesprächspartner, dass Sie ihn wertschätzen, und Ihnen etwas an dem Gespräch liegt. So können Sie in Ruhe zuhören und gegebenenfalls Anschlussfragen stellen.
Dont’s:
- Vorwürfe machen. Anstatt dem Mitarbeiter Anschuldigungen an den Kopf zu werfen, sollte das Gespräch sachlich geführt werden. In der Regel machen sich Arbeitnehmer ausreichend Gedanken über eine Kündigung und keiner kündigt grundlos. Aus diesem Grund haben Beschuldigungen in diesem Gespräch nichts zu suchen und Beschwerden / negative Äußerungen sollten als hilfreiches Feedback entgegen genommen werden.
- Einen Fragenkatalog „abarbeiten“. Das Exit-Interview sollte auf einer sachlichen dennoch persönlichen Ebene stattfinden. Ein vorgefertigter Fragebogen unterstützt das Aufspüren von Tendenzen und die Vergleichbarkeit, sollte jedoch nicht Vordergründig wirken. Lassen Sie sich auf Feedback ein und konzentrieren Sie sich auf die Aussagen des Mitarbeiters.
Welche Fragen sind besonders hilfreich?
Fragen nach den Kündigungsgründen
- Was hätte sich ändern müssen, damit Sie geblieben wären?
- Würden Sie das Unternehmen als Arbeitgeber empfehlen? Was hat Ihnen gut gefallen?
- Waren Sie mit Ihrem Gehalt zufrieden?
- Haben wir Sie ausreichend gefördert und gefordert?
- Hat Ihnen etwas gefehlt, um Ihre Arbeit gut zu erledigen?
- Welche Verbesserungen erhoffen Sie sich bei Ihrem zukünftigen Arbeitgeber?
Fragen nach den Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten
- Wie war das Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten?
- Waren Sie mit den Führungskräften zufrieden?
- Haben Sie etwas vermisst?
Ggf. zusammenfassend bzw. eher unstrukturiert:
Auf einer Skala 0 – 10 (0 = sehr schlecht, 10 = sehr gut) wie empfanden Sie das Arbeitsverhältnis?
Hier kann dann anschließend gefragt werden:
Um auf der Skala weiter nach oben zu kommen – was wäre hilfreich gewesen bzw. was waren die Aspekte die zu der hohen Zahl geführt haben?
Zu guter Letzt: Vergessen Sie nicht den Hinweis auf die offene Tür, sollte der Mitarbeiter zu einem späteren Zeitpunkt wieder einsteigen wollen.
… und sollten Sie zu Personalthemen im Allgemeinen und zu (Mitarbeiter-)Gesprächen im Besonderen Fragen haben oder Unterstützung wünschen freue ich mich auf Ihre Kontaktaufnahme.
Ihre,
Ingrid Gartner-Steffen
„Im Interesse der Lesbarkeit verzichte ich auf geschlechtsbezogene Formulierungen. Selbstverständlich sind immer Frauen und Männer und Diverse gemeint, auch wenn explizit nur ein Geschlecht angesprochen wird.“
Herzlichen Dank Frau Gartner-Steffen, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben. Ein äussert wertvolles Plädoyer für Exit Interviews. Christa Carzoli-Personalreferentin
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Hallo Frau Carzoli, danke für Ihren Kommentar. Sie als langjährige Personalerin kennen ja die Problematik, dass Exit Interviews gerne auf die lange Bank geschoben werden (es gibt ja immer vermeintlich dringendere Anliegen) – um dann ggf. ganz „hinten runter“ zu fallen. Allzeit gute Gespräche wünsche ich Ihnen (-:. Ingrid Gartner-Steffen
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